Hallo aus Udaipur,

wir sind mit dem Governmentbus aus Jodhpur hier hergefahren. – Nichts für schwache Nerven… Ich hab mal irgendeinen Film gesehen, in dem Autos aufeinanderzufahren und wer ausweicht verliert. So ungefähr ist’s hier auch. Unser Busfahrer war notorisch auf der Überholspur unterwegs, egal ob von vorne ein Motorrad, ein Tuktuk, ein Auto, ein Bus oder ein LKW kam – beeindruckte ihn überhaupt nicht.

Vermutlich werde ich zukünftig zur entspanntesten Beifahrerin aller Zeiten – mich kann nix mehr schocken. – Unser Taxifahrer hat uns passend dazu erklärt, dass man in Indien 3 Dinge zum Autofahren braucht:

1. A good horn

2. Good breaks

3. Good luck

Dann hat er noch hinzugefügt, dass er ja immer nachgibt, weil er ja die Ausländer im Auto sitzen hat … hier ist glaub etwas Bedauern in der Stimme mitgeschwungen. Wäre er allein würde er wahrscheinlich noch länger einfach drauf halten 🙂

Also unsere Ankunft am Busbahnhof in Udaipur war so wie immer – belagert von Tuktukfahrern. Mit einem sind wir dann los zu unserem Hotel. Und ab da hatten wir eigentlich einen super Lauf. Unser Hotel Jaiwana Haveli war einfach nur toll. Es liegt direkt am Pichhola See und von der Dachterrasse hat man einen wunderbaren Blick über den See.

Unser Zimmer war ein einziger Traum – ganz neu, sauber, schön eingerichtet und das erste, in dem ich meinen eigenen mitgebrachten Schlafsack nicht ausgepackt hab 😉

Udaipur selbst ist eine ganz nette Stadt, einige Gassen, ein großer Markt, ein Stadtpalast, viele wunderschön erhaltene Haveli (schön verzierte kleine Paläste) und natürlich der See. Udaipur ist zudem bekannt für seine Miniaturmalereien. Unseren ersten Abend haben wir bei einer Tanzaufführung in der Nähe unseres Hotels verbracht.

Tag 2 in Udaipur stand unter dem Zeichen des Shoppings. Touripflichtprogramm Stadtpalast haben wir morgens noch eingebaut. Dieser machte von außen abeer mehr her als von innen. Trotzdem war’s ein schöner Besuch. Den Guide haben wir uns diesmal allerdings geschenkt. Insgesamt haben wir festgestellt, dass uns die Vielzahl der indischen Herrscher, deren Namen sich für uns doch alle ziemlich ähnlich anhören insgesamt etwas überfordert. So verwechseln wir sie munter vor uns hin bzw. sobald jemand den Namen ausgesprochen hat, könnte ich ihn ca. 4 Sekunden später schon nicht mehr wiederholen. Der Fokus der Stadtpalastbesichtiigung stand auch auf der Darstellung von Ahnengalerien und Familienbäumen. Was allerdings super schön war, waren die unzähligen Miniaturbilder, die den ganzen Palast schmückten.

Nach dem Stadtpalast ging’s also auf zum Shoppen. Im wesentlichen war das ein Baumwoll-Stoffladen, die die Stoffe selbst herstellen also mit Blockprint die Designs machen. Der Besitzer war super nett, wir haben lange Stoffe ausgesucht, zwischendrin Tee getrunken, andere Kunden kennengelernt, die Geschichte des Familienunternehmens kennengelernt und und und. Da hab ich mir dann auch noch einen Rock anfertigen lassen. – Ja und dann war der Tag auch schon wieder vorbei. Noch ein leckeres Essen auf dem Dachrestaurant und ab in die Heia.

Gestern haben wir dann unseren ersten „behüteten“ Tagesausflug mit Privattaxi und Fahrer gemacht. Es war ein super Tag: Erst sind wir zum Fort Kumbhalgarh, haben es erklommen und dabei die ca. 10.000 „Hello, how are you“-Ausrufe und Handyfotos von in Summe 4 unterschiedlichen Schulklassen leidig über uns ergehen lassen. Dabei ist eine unserer Urlaubsregeln neu dazu gekommen: neben Regel Nummer 1 „Wir haben keine tierischen Freunde“ gibt’s nun ganz neu im Repertoire die Regel „Wir haben keine Schulklassen als Freunde“. 😉

Witzig war auch, als ein kleines Kind (kein Teil der Schulklasse) mit einem Heft auf Julia zukam und sie bat, etwas reinzuschreiben. Drin stand schon das Alphabet in Großbuchstaben. Julia war willens dem Analphabetismus im Land entgegenzuwirken, doch das Kind wollte nur einen Stift von uns. Da unser vorletzter Stift bei einer ähnlichen Aktion bei der Kamelsafari flöten ging, ist dieses Kind leider leer ausgegangen.

Nach dem Fort hat uns unser Weg dann zum Jain Tempel Ranakpur geführt. Bisher mein absolutes Highlight der Reise. Er ist einer der wichtigsten Pilgerstätten der Jain-Anhänger und im 14. Jahrhundert haben über 2.500 Arbeiter über 50 Jahre an dem Tempel gearbeitet. Er besteht aus 4 Hauptkuppeln und 1440 verzierten Säulen, bei der keine der anderen gleicht. Dabei haben wir gelernt, dass der Jainismus zu einer der ältesten Religionen der Welt zählt und sich durch seinen Rigorismus auszeichnet. Die Anhänger glauben daran, dass jedes Lebewesen eine göttliche Seele hat, auch pflanzliche und tierische Lebewesen. – Um nicht im ewigen Trott der Wiedergeburten hängen zu bleiben und ins Nirwana zu kommen, müssen sich die Anhänger von Wut, Hass, Täuschung, Besitzgier etc. lösen.

Interessant ist, dass man in den Tempel nix zu essen, zu trinken und keine Lederwaren reinnehmen darf. Unser Fahrer meinte noch, dass wir unsere Ledertasche (Julias Erwerb vom H&M eigens fürdiese Reise) im Auto lassen können. Als ich ihm aber sagte „It looks like leather but it’s plastic“ war er versöhnt. Interessant fand ich auch das Schild, das darauf verweist, dass Frauen während der Menstruation draußen bleiben müssen. Sie könnten den Tempel spirituell verunreinigen… Naja.

Meine Kaugimmibox musste also auch draußen bleiben. Jetzt weiß ich nicht, ob derjenige, der sie aufgemacht hat und sich ein paar davon genommen hat damit eine Freifahrt in ein extra Leben auf der Reise durch die Wiedergeburten gewonnen hat.

Das Innere des Tempels war wirklich atemberaubend und mit unserem Audioguide haben wir viel über die Religion, die Hintergründe und den Tempel selbst erfahren.

Am Abend ging’s dann zurück nach Udaipur wo uns die nächste positive Überraschung ewartete: Wir wussten im Voraus schon, dass wir Zimmer wechseln müssen, weil sie ausgebucht waren, aber dass wir eins der besten Zimmer mit Corner Lake View bekommen war eine super Überraschung.

Heute bricht nun also unser letzter Tag in Udaipur an, den wir mit einem indischen Kochkurs verbringen. Dann geht’s in den Flieger und ab nach Mumbai zur Familie Bammert-König, auf die wir uns schon riesig freuen.

LG

Steffi

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