Auch an unserem Tag in Bogota erfuhren wir super viel über Geschichte, Politik, die soziale Situation im Land und über die Künstler der Stadt.
Die Tour bewegte sich hauptsächlich im historischen Zentrum der Stadt, dem Viertel „La Candelaria“, das sich in den letzten Jahren zum absoluten In-Viertel entwickelt hat. Zur Transformation haben die Graffitikünstler auch maßgeblich beigetragen, weil die Kunstwerke viele Besucher angelockt haben und die Gegend attraktiver wurde. Hier ein kleiner Eindruck der Kunstwerke:
Löschung der Graffitis im historischen Zentrum
Nun versucht die Stadt aber die Graffitis zu entfernen, um dem historischen Zentrum einen „Cartagena Touch“ zu verleihen. Darum machte uns unser Guide darauf aufmerksam, dass viele der Gemälde (siehe oben), die wir heute noch sehen, in den nächsten 6 Monaten wohl verschwinden werden. Die Banken scheinen in diesem Thema auch ihre Interessen vertreten zu sehen, so haben sich eine Gruppe Citybank Mitarbeiter freiwillig gemeldet, um die Graffitis zu überstreichen. Es findet also derzeit ein Kampf zwischen der Stadt und den Künstlern statt. Das sieht ungefähr so aus, dass der Bürgermeister die Wände grau streichen lässt und dann ein Bild der grau gestrichenen Wand über Twitter versendet. Anhand der Ortsangabe wissen die Künstler dann genau, wo sich die Wand befindet, kurze Zeit später verabreden sie sich und versehen die Wand mit einem neuen Graffiti. Die Eigentümer der Häuser können jeweils keinen Einfluss nehmen, weil ihre Entscheidungsgewalt jeweils nur von der Haustür an nach innen gilt. Überstrichene Häuser werden aber umgehend wieder besprüht (und diesmal nicht so schön – wie Ihr unten sehen könnt)
Größtes Graffiti der Stadt als Reaktion auf Justin Bieber
Wir erfuhren, dass das wohl größte Graffiti der Stadt an den Wänden einer Unterführung auf dem Weg zum Flughafen 2 Fußballfelder groß ist und indirekt Justin Bieber zu verdanken ist. Er meinte nämlich, sich nach einem Konzert in Bogota als Graffitikünstler verewigen zu müssen, laut Aussagen des Guides ist er aber eher talentfrei. Was die Graffitikollektiven in Bogota jedoch am meisten geärgert hat, war die Tatsache, dass Justin Bieber für seine Aktion Polizeischutz erhielt, während die einheimischen Künstler von der Polizei verfolgt wurden und es auch einen Fall gab, bei dem ein 16 Jähriger beim Sprühen von einem Polizisten erschossen wurde und danach auf den Hauptzeugen zwei Mordattentate versucht wurden. Die Kollektive rückte also 30 Minuten nachdem Justin mitsamt Polizei weg war aus und übersprühte sein Kunstwerk. Doch der Polizeidirektor kam in Argumentationsschwierigkeiten, in einem Interview sagte er „Es war nur Justins Art, seine Gefühle auszudrücken“. Daraufhin kündigten die Graffitikünstler Bogotas an, am Samstagabend an der Straße zum Flughafen ihre Gefühle in Form von Graffiti auszudrucken, so wie Justin Bieber. 300 Graffitikünstler kreierten über 24 Stunden 800 Graffitis entlang der Calle 26. Der Polizei waren somit die Hände gebunden und die Anwohner unterstützten die Künstler, kauften ihnen Farbe, Pinsel und machten Frühstück 🙂
Politische und sozialkritische Graffitis
Viele der Graffitis sind politisch motiviert und weisen auf Missstände im Land hin. Z. B. hat ein Künstler Fotos von Obdachlosen gemacht, die nachts an auf dem Gehsteig vor einer Mauer schlafen. Diese Gesichter hat er dann in Form von Graffiti auf die Wand angebracht, damit die Leute, die tagsüber daran vorbeilaufen ein Bewusstsein dafür bekommen, dass die Stelle das Zuhause von jemandem ist. Oder aber die Bilder weisen auf die Folgen von illegalem Bergbau für die ländliche Bevölkerung hin.
Außerdem haben wir immer wieder Plakate gefunden mit Mord- und Verschwundenen Statistiken. Hierauf taucht auch der Begriff „Falsos Positivos“ auf. Unter der Bezeichnung Falsos Positivos versteht man Fälle, bei denen Soldaten der kolumbianischen Armee während des bewaffneten Konflikts in Kolumbien über mehrere Jahre hinweg für Erfolgsprämien und die Statistik wahllos Zivilpersonen entweder in ländliche Gebiete lockten oder verschleppten und dort töteten, um die Leichen als im Kampf gefallene Guerilla-Kämpfer auszugeben. Denn jeder tote Guerillero war für die Regierung ein Erfolg. In diesem Zusammenhang wurden auch viele Obdachlose aufs Land verschleppt, gezwungen, eine Guerilla Uniform anzuziehen und anschließend erschossen. Die letzten Fälle liegen wohl ca. 6 Jahre zurück.
Animalwall
Diese Wand wurde von 10 Künstlern der Kollektive APC geschaffen. Und das Beste an der Wand sieht man erst auf den zweiten Blick bzw. erst, wenn man ein bisschen wegläuft. Die Künstler haben die Straßenlaterne mit eingebunden:
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