Als ich an der Grenze zwischen Panama und Costa Rica stand, ist mir eingefallen, dass ich mal wieder kein Weiterreiseflugticket vorzuweisen hatte. In der Schlange hab ich dann spontan nach Flügen nach Nicaragua geschaut, die ich spontan buchen könnte, falls es notwendig werden würde. Aber ich hatte Glück: der Grenzbeamte war total nett und hat vor allem keine unangenehmen Fragen gestellt. Ich durfte also einreisen :). Danach läuft man noch über eine Brücke und schon ist man in Costa Rica. Das hat mich total an die Grenzüberquerung zwischen Bolivien und Peru erinnert, nur wurde ich damals von vier Soldaten durchsucht, die auch noch Falschgeld bei mir fanden – aber das ist eine andere Geschichte…

In Puerto Viejo war meine temporäre Heimat das Selina Hostel und nach meiner Reiseplanungsfaulheit in den letzten 3 Wochen Panama war ich wieder voller Energie und wollte aus meinen zwei Wochen Costa Rica alles rausholen was ging.

 

Gleich am ersten Nachmittag, traf ich im Hostel Paulina, ein Mädel aus Chile, die ich von der Filthy Friday Party in Bocas del Toro kannte. Wir waren zusammen was essen und dann shoppen. Ich darf ja eigentlich nix kaufen, weil mein Rucksack ja schon so schwer ist, aber ein leichtes T-Shirt geht schon mal. Und wie ich so am Anprobieren war, fiel der Strom aus. Weltuntergangswetter in Puerto Viejo. Der Laden hat dann auch spontan geschlossen. Macht ja auch wenig Sinn, so ohne Licht, wenn’s draußen schon stockfinster ist. Naja wir kauerten also so unterm Vordach rum, winkten jedem Auto das vorbeikam zu, aber keiner hielt an, aber dann kam der Bus. Der hat uns dann mitgenommen, doch auch wenn er uns direkt vorm Hostel rausgelassen hat, waren wir klatschnass bis wir im Zimmer waren. So nach einer Stunde kam der Strom dann wieder und dem abendlichen Bingospiel stand nichts mehr im Wege. Dabei wurde mir bewusst, dass ich tatsächlich noch nie Bingo gespielt hab (Bullshit-Bingo mal ausgenommen…). Jack, ein Sony Music Marketing Manager aus London hat mir dann Bingo Unterricht gegeben, weil es in England scheinbar ein ganz großes Ding ist. Geholfen hat es leider nix. Die Nachbartische haben alles abgesahnt.

Am nächsten Tag hatte ich einen Besuch des Jaguar Rescue Centers auf dem Plan. Die Empfehlung kam von einem Pärchen, dem ich auf Instagram folge: CuppatoCopa

Puerto Viejo eignet sich super, um mit dem Fahrrad rumzufahren. Ich bin also losgedüst zum Rescue Center. Seinen Namen hat das Center, weil das erste Tier, dass sie mal gerettet haben ein Jaguar war. Das war zwar der einzige Jaguar, den sie je hatten, aber trotzdem ist es bei dem Namen geblieben. Der Besuch war super. Wir haben allerhand über die Tiere dort erfahren. Einige der Tiere, die ins Center kommen, haben Verletzungen durch Elektroschläge, weil die Faultiere und Affen oft an den Stromkabeln entlangklettern. Im Center sind auch unheimlich viele Babyfaultiere und Babyaffen, die einfach von der Mama auf dem Baum runterfallen, dann am Boden liegen und jemand findet sie und bringt sie ins Center. Das Prozedere geht dann so, dass die Mitarbeiter im Center die Schreie der Tierbabys aufnehmen und zu der Stelle zurückgehen, wo das Baby ungefähr gefunden wurde. Dort spielen sie die Schreie dann über Lautsprecher über mehrere Stunden ab und warten, ob die Mama kommt. Oft kommt die Mama tatsächlich zurück und sucht ihr verlorenes Baby, taucht sie aber zwei Wochen lang nicht auf, wird das Baby als Waise erklärt und im Center aufgezogen. Da waren mini kleine Brüllaffen, die Frühchenwindeln anhatten. Da wird dann ein kleines Loch reingeschnitten und der Schwanz durchgefädelt.

 

Zwei Geschichten fand ich ganz besonders süß. Auf einem Schlangenkäfig haben wir dieses (siehe Bild) Faultier gesehen. Die Mitarbeiterin erklärte uns, dass das Faultier nach einer geheilten Verletzung wieder ausgesetzt wurde, sich aber immer wieder ins Center zurückschleicht, weil es ihm dort so gut gefällt. Sie werden es halt immer wieder aussetzen… oder zumindest versuchen…

Eine andere Geschichte war über eine Affenmama mit ihrem Baby. Die Mama muss irgendwie gestürzt sein und hat sich den Arm gebrochen. Gefunden wurde sie auf dem Dach eines Hotels und das Hotel rief im Center an. Als die Mitarbeiter dort eintrafen, erwarteten sie eigentlich, dass es super schwierig sein würde, den Affen zu fangen, weil sie ja ihr Baby beschützen wollen wird. Aber genau das Gegenteil traf ein. Als die Affenmama die Mitarbeiterin sah, hat sie ihr Baby gepackt und kam vom Dach runter, ging sofort auf die Mitarbeiterin zu und umarmte sie. Dann stellte sich heraus, dass die Affenmama vor vielen Jahren schon einmal im Center war und deshalb wusste sie, dass wenn sie überleben will, in die Nähe der Menschen kommen muss, um gefunden zu werden. 🙂

Da ich vom Center so begeistert war, beschloss ich, nachts noch eine Dschungelführung mit ihnen zu machen. Sie haben nämlich ein Stück Regenwald, in dem sie die Tiere wieder aussetzen. Aber vorher ging es mit dem Fahrrad weiter zum Strand Punta Uva.

Und als ich mein Fahrrad abgestellt hatte und so munter den Strand runterlief, kam auf einmal eine Schlange aus dem Meer und schlängelte sich vor mir über den Strand zu einem Baum… Ich hab beschlossen, dass es bestimmt die einzige Schlange an dem Meeresteil war und dass ich mir jetzt keine Gedanken machen muss. So ähnlich wie es mit einem Haar im Essen ist, das ist zwar erstmal doof, aber die Wahrscheinlichkeit, dass zwei drin sind, ist echt niedrig… Ich verbrachte also einen wunderschönen Nachmittag am Strand bevor ich mit dem Fahrrad im Sonnenuntergang zurück zum Hostel radelte.

Doch kurz danach musste ich auch schon wieder los zu meinem Abendessen im Dschungel und meiner nächtlichen Regenwaldtour zum Tiere-Spotten. Nie hätte ich gedacht, dass die ein so tolles Abendessen auffahren. Frisch gestärkt ging es dann los. Gummistiefel an, Taschenlampe an die Hand und Tiere finden. Und davon gab es genügend. Los ging es mit dem rotäugigen Frosch, den man von den Titelblättern sämtlicher Costa Rica Reiseführer kennt. Neben dem Frosch selbst haben wir auch seine Eier entdeckt, die er an die Pavillonsäulen gelegt hat, weil es geregnet hatte und der Frosch dachte es sei ein Baum oder ein Blatt. Wenn man die Eier genau anschaut, sieht man, wie sich kleine schwarze Punkte drin bewegen 🙂 Wenn der Frosch seine Augen zu hat, erkennt man ihn übrigens total schlecht, weil er dann gar nicht so glupschäugig daherkommt, sondern die Augen irgendwie komisch im Kopf verschwinden.

Danach entdeckten wir einige Schlangen, Spinnen, Riesenameisen und ein blindes Faultier, das im Regenwald in einem Gehege wohnt und tagsüber immer rausgeht und auf nahe gelegene Bäume klettert, nachts aber wieder reingeht, damit ihm nix passiert. Ich hab den Guide noch das Bild von meiner Strandschlange gezeigt und er hat mich aufgeklärt, dass es eine Boa war.

Nach der Tour ging’s zurück zum Hostel und Paulina schrieb mir, dass ich in die Bar die Straße runter kommen soll, weil dort eine Party ist. Als ich dort ankam, war die Party schon mehr als im Gange und ich kam gerade noch rechtzeitig zur Happy Hour :). Den Rest des Abends verbrachten wir also mit Tanzen und Trinken. Es war also ein fast perfekter Tag. Wäre da nicht noch eine Sache passiert. Ich ging entlang der Hauptstraße zurück zum Hostel und da es in Deutschland schon am nächsten Tag war, rief ich Markus an. Ich wollte also zum Strand, um dort zu telefonieren. In dem Moment höre ich jemanden wild um Hilfe rufen. Als ich den Hostel-Security fragte, ob er das gehört habe, stellte er sich auf stur und meinte er sei nur innerhalb des Hostelgeländes zuständig. Ich sagte ihm, wenn er nichts macht, dann gehe ich. (…Wenn man ein bisschen betrunken ist, trifft man nicht immer die intelligentesten Entscheidungen). Ich bin also über den Zaun geklettert und in Richtung der Rufe gelaufen, da kam mir dann auch gleich ein Pärchen entgegen. Das Mädchen war völlig panisch und hatte eine blutige Nase. Nachdem sie auf dem Hotelgelände in Sicherheit waren, erzählten sie, dass sie von zwei Männern mit Macheten überfallen wurden und das Mädchen die Machete am Hals hatte. Nach einiger Zeit traf dann auch die Polizei ein und nahm den Tathergang auf. Doch so richtig war das Mädel nicht in der Lage, überhaupt zu sprechen. Die Arme stand wirklich unter Schock. Die Polizisten meinten dann, dass auch wenn das Strandstück kurz ist, man dort nachts auf keinen Fall laufen sollte. Die Kriminellen wissen, dass die Betrunkenen von der Party zurückkommen und dort am leeren dunklen Strand eine leichte Beute sind.

Somit ging dann mein letzter Abend in Puerto Viejo mit einem Schrecken zu Ende und am nächsten Morgen ging es weiter mit dem Shuttlebus nach Tortuguero.

 

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