Ich freute ich mich riesig auf meine Tage bei Bahia Drake, das etwas ab vom Schuss liegt und daher nicht in allen Standard-Touri-Routen enthalten ist. Merel, mit der ich die letzten Tage durch Costa Rica gereist war, hatte mir von einem Seaturtle Rescue Center berichtet, das auch ein Hostel hat. Ich fragte also einen Tag vorher an, ob ich dort übernachten könne und habe eine Bestätigung bekommen. Ich hab mich durch diverse Blogs gelesen und wusste dann, wo ich hinfahren muss und wo ich mein Auto für die nächsten Tage abstellen kann, damit ich mit dem Boot in Richtung Bahia Drake fahren kann, weil die Straßen während der Regenzeit zu Flüssen werden. Doch schon den ganzen Tag regnete es wie aus Kübeln und der Regen wollte einfach nicht aufhören. Ich kaufte mir vorm Einsteigen ins Boot zwei große Plastikmüllsäcke und verpackte meine beiden Rucksäcke darin. – Das war eine der besten Entscheidungen, die ich hätte treffen können. Und schon ging die Fahrt durch den strömenden Regen los; alles war einfach nur pitschnass.
Das Boot fährt über den Fluss, danach durch enge Kanäle zwischen Mangrovenwäldern hindurch und dann aufs offene Meer. Mitten auf dem Meer musste ich zusammen mit dem Mädel, das scheinbar im gleichen Hostel war, bei ordentlichem Wellengang in ein anderes Boot umsteigen. Ich kümmerte mich um meinen Handgepäcksrucksack und meine Essensplastiktüte und als ich in dem Boot ankam und wir weiterfuhren, wurde mir auf Nachfragen bestätigt, dass mein Rucksack auch verladen wurde. Beruhigt fuhr ich also weiter durch den Regen und den unglaublichen Wellengang. Einmal ist das Boot so nach unten geknallt, dass ich ½ Meter in die Luft flog und dementsprechend zur Landung aufschlug – da freut sich die lädierte Wirbelsäule… Dann kamen wir – mittlerweile ohnehin schon völlig durchnässt – an einen Strand, bei dem wir aussteigen sollten. Beim Blick ins Gepäckfach konnte ich meinen Rucksack aber nicht finden. Da stellte sich heraus, dass der gute Mann meinen Handgepäcksrucksack gemeint hatte, als ich ihn fragte, ob mein Rucksack aufs Boot verladen wurde. Tja… dann war mein Gepäck also irgendwo da draußen auf dem Pazifik unterwegs aber nicht bei mir. Er sagte mir dann, dass wir später vom Hostel aus anrufen und er ihn dann später nachbringt. Soweit so gut. Es ging also ans Aussteigen, das Boot konnte jedoch nicht ganz an den Strand ranfahren, also mussten wir die Wellen genau abpassen und ohne Gepäck vom Boot ins Wasser springen (Wasser hüfthoch) und der Kapitän gab uns dann unser Gepäck an die Hand. Ich hab mir also meinen in Plastik gehüllten Handgepäcksrucksack geschnappt und bin schnell damit aus dem Wasser (da ich nicht wollte, das die nächste Welle meinen Laptop, die Ukulele, die Kamera, die Drohne, die GoPro, mein Handy etc. ins Meer wirft). Wir liefen also 20 Minuten dem Mann hinterher zum Hostel. Der Weg sah zu dem Zeitpunkt so aus:
Im Hostel angekommen, merkte ich zu allem Elend auch noch, dass ich meine Plastiktüte mit Essen und Trinken und meiner (leeren) Handtasche und meinem wunderschönen „Chasing Magic Places“ Beutel inkl. Reiseführer von komplett Zentralamerika vor lauter Aufregung im zweiten Boot vergessen hatte. Da stand ich nun völlig durchnässt mit noch einer von drei Taschen. Vanessa, die Frau, die sich ums Hostel kümmert, hatte erst morgen mit Gästen gerechnet und die Zimmer noch nicht vorbereitet. Macht nix, wir waren mittlerweile unter einem Dach und konnten dort glücklich im Trockenen sitzen. Ich freundete mich in der Zeit also mit Tamzyn aus England an und wir vertratschten die Zeit, bis wir unsere Zimmer beziehen konnten. Ich bekam zum Glück noch ein Handtuch und ein trockenes T-Shirt von Vanessa, weil ich einfach komplett nass war und natürlich nichts Trockenes mehr zum Anziehen hatte. …. Also sah ich fortan so aus:
Nach ein paar Stunden ließ der Regen dann schließlich etwas nach und wir konnten noch ein bisschen rausgehen. Außer einer Surferfamilie aus Californien, die wirkten wie aus einem Bilderbuch oder wahlweise aus einem Modemagazin (und neben denen man sich so herrlich uncool fühlt – vor allem, wenn man mit einer Mülltüte bekleidet unterwegs ist), waren wir die einzigen weit und breit. Wir spazierten so am Strand vorbei, als wir jemandem mit einem Eimer in Richtung Strand laufen sahen und siehe da, es waren frisch geschlüpfte Baby Turtles, die gerade in ihr Leben im großen weiten Meer entlassen wurden. Wir beobachteten die kleinen Racker also beim Start in ihr Leben und damit hatte sich die beschwerliche Anreise schon ausbezahlt. Dazu kam noch das leckere Essen von Vanessa. Leider kam dann die Nachricht, dass es mein Rucksack nicht zum Nachmittagsboot geschafft hatte. Mit der super hohen Luftfeuchtigkeit gab es halt auch kein Hoffen, dass die Sachen irgendwie trocknen würden. Hier seht Ihr den Versuch, mein komplett nass gewordenes Geld zu trocknen (ich kam mir vor, wie ein Millionär, als ich das so ausgebreitet hatte).
Am nächsten Tag kam der Regen zurück und Tamzyn und ich tauschten Reisetipps für Guatemala und Kolumbien aus, weil wir aus genau entgegengesetzten Richtungen kamen und eben in das jeweils andere Land weiterreisen würden. Und beschlossen auch gleich, nach Bahia Drake gemeinsam Richtung San Jose weiterzureisen.
Tatsächlich hatte das Wetter Nachsicht und wir konnten aktiv werden, wir wanderten durch den Urwald und am Strand entlang und besuchten die Turtle Rescue Station. Am Nachmittag war es dann so weit: Wir durften die Babyschildkröten aussetzen!!! Die kleinen Racker werden in einer Schüssel erstmal in die Sonne gestellt, damit sie aufwachen. Wir haben sie beobachtet, um sicherzugehen, dass sich auch jede der 35 Minischildkröten aufrappelt. Dann werden sie 8 Meter vom Wasser entfernt in den Sand gesetzt und das Rennen geht los. Ein paar sind super schnell und rasen zum Meer und ein paar andere brauchen gaaaanz lang. Und dann wird es fies: Da legen sie den weiten Weg zum Wasser zurück, die Welle erfasst sie und spült sie weiter zurück an den Strand und meistens sogar auf den Rücken. Das passiert wenn’s dumm geht bis zu sieben Mal. Man hat es nicht leicht als Babyschildkröte. Als schließlich alle im Wasser waren, wünschten wir ihnen eine gute Reise und erfreuten uns am Sonnenuntergang.
Als ich zurück ins Hostel kam, waren tatsächlich alle meine verlorenen Taschen zurück. Mein Rucksack war nur an einer Stelle nass, an der der Müllsack aufgerissen war. Ich hatte aber alle meine Klamotten zusätzlich noch wasserdicht verpackt, somit war der Schaden im Rahmen. Anders mit meiner Plastiktüte. Die fuhr zwei Tage lang offen übers Meer durch den Regen. Zudem ist die Mango, die ich transportiert hatte, zermatscht gewesen und der Reiseführer hatte sich mit einer Mischung aus Regen, Salzwasser und vergorenem Mangosaft vollgesaugt. Lecker!!! Er wog ja vorher schon über ein Kilogramm, aber jetzt kamen locker nochmal 1,5 dazu… Die nächsten Wochen muss der gut austrocknen…
Am Abend spazierten Tamzyn und ich über den Strand in der Hoffnung Schildkröten beim Eierlegen zu beobachten. Doch hier hatten wir spontan kein Glück und auch nicht die notwendige Ausdauer, abzuwarten. Was wir allerdings sahen, war einer der schönsten Sternenhimmel, die ich je gesehen hatte. Weit und breit gibt es dort natürlich keine Lichtverschmutzung und so strahlten die Sterne und wir wurden sogar mit ein paar Sternschnuppen beglückt. 🙂
Am nächsten Tag besuchten wir den Corcovado Nationalpark. Der teuerste Nationalpark in Costa Rica. Der Eintritt kostet inkl. Guide und Transport 80 USD. Damit sich der ganze Ausflug auf die Halbinsel aber auch lohnt, haben wir es halt gemacht. Nun war es so, dass uns Ricardo, unser Host danach erklärte, dass wir auch eine Tour durch den Rio Claro Primary Forest hätten machen können für einen Bruchteil des Geldes mit den gleichen Tieren. Naja – hinterher ist man immer schlauer.
Unser Corcovado Besuch startete eigentlich schon mit der Bootsfahrt dorthin. An der Küste entlang fuhren wir bei tollem Wetter in Richtung der Südspitze der Halbinsel. Der Besuch des Parkes startete gleich ziemlich spektakulär mit zich Coatis, Affen und allerhand Vögeln. Man wusste gar nicht, wohin man zuerst schauen sollte. Doch dann kam das Highlight: ein chillender Tapir. Der Guide meinte dann noch: Jetzt können wir heimgehen, wir haben einen Tapir gesehen. Wahnsinn! – So kam es uns auch vor… Doch als wir später zurück bei der Rescue Station waren und begeistert von unserem Tapirfund berichteten, klärte man uns auf, dass der Tapir ein ausgesetztes Haustier ist und dort immer an der gleichen Stelle abhängt. Wir fühlten uns betrogen und sprachen fortan nur noch vom Fake-Tapir 😉
Doch unser Tag war noch nicht vorbei, schließlich wollten wir ja alles aufholen, was wir an den verregneten Tagen verpasst hatten. Zunächst verbrachten wir ein bisschen Zeit an den wunderschönen einsamen Stränden:
Um danach nach einem kleinen Klippensprung mit dem Kanu flussaufwärts den Rio Claro hochzufahren, zogen uns Schwimmwesten an und ließen uns flussabwärts treiben. Das klingt jetzt alles sehr easy. Allerdings war der Fluss durch den Regen ordentlich angeschwollen und an einigen Stellen ziemlich reißend. Nachdem mir noch gesagt wurde: Nein da seien keine Felsen unter Wasser, schlug ich mir erstmal die Hüfte, dann das Knie, dann das Schienbein an. Tamzyn kam hinter mir angerauscht und versuchte die Stellen zu umgehen, bei denen ich jeweils geschrien hatte. Mit ein paar blauen Flecken aber einem Heiden Spaß mehr kletterten wir danach auf einen Wasserfall und rieben unsere Gesichter mit Schlamm ein. Wer braucht schon einen Wellnesstempel, wenn er die Natur hat… 🙂
Abgerundet wurde dieser wahnsinnig schöne Tag mit einem herrlichen Sonnenuntergang.
Am nächsten Morgen verabschiedeten wir uns von unserem Life for Life Hostel und traten die Bootsfahrt zurück nach Sierpe an. Wie schon im Dauerregen auf der Hinfahrt vermutet, war es bei schönem Wetter eine unglaublich schöne Fahrt mit einer atemberaubenden Szenerie:
Auch trotz des schlechten Wetters zu Anfang, war der Aufenthalt in Bahia Drake einer der schönsten während meiner kompletten Zeit in Costa Rica. Einfach aufgrund der Tatsache, dass dort so gut wie keine Touristen sind und man Costa Rica noch sehr ursprünglich erleben darf.
Ein absolut magischer Ort, der Corcovado National Park. Man denkt die ganze Zeit, man ist in einem Zoo :)! Schöner Bericht, macht Spaß zu lesen.
Hi Henning, der Corcovado Nationalpark war definitiv eins meiner absoluten Highlights. Verlorener Rucksack Hin oder Her. Es hat sich sowas von gelohnt. Wann warst Du dort?
Dezember 2016. Sind von Carate im Süden aus gestartet. Die Kombination zwischen Dschungel und Meer ist einfach unschlagbar. Dann noch Lagunen, die Tierwelt, das Wetter… Ein Traum!
Das stimmt, auf „kleinstem“ Raum hat man da alles was das Herz begehrt 🙂