Roadstories

Die Zeit an der Küste von Belize war zu Ende und es hieß aufbrechen in Richtung Guatemala. Zusammen mit ein paar anderen aus dem Hostel teilte ich mir ein Sammeltaxi bis zur Hauptstraße wo wir dann in einen der ehemaligen amerikanischen Schulbusse stiegen. Während die anderen nach Belize City fuhren, stieg ich bereits im Belmopan um. Auch hier waren die Leute wieder mehr als nur hilfsbereit, sie erklärten mir genau, wo ich mich für den Anschluss-Bus Richtung guatemaltekische Grenze anstellen muss. Und jetzt lernte ich auch meinen neuen super Trick für Busfahren in Belize: Mit dem riesigen Rucksack ist es immer relativ umständlich, durch den ganzen Bus zu laufen bzw. wenn der Bus voll wird, ist es blöd, wenn man einen Sitz mit seinem Rucksack blockiert. Beim Umsteigen in Belmopan hab ich mich also brav in die Schlange gestellt und als der Bus kam, rannten ein paar Männer Richtung Bus-Ende und dann ging ein Alarm los. Einer winkte mich her und ich ging auch ans Busende. Dort kann man dann den Rucksack hochhieven und hinter den letzten Sitz stellen und selbst auch von hinten einsteigen.

Perfekt!

Nach einigen Stunden Busfahrt kamen wir schließlich in der letzten Stadt vor der Grenze an. Dort teilte ich mir dann mit ein paar anderen Leuten ein Taxi, das bis zur Grenze fuhr. Die Ausreise aus Belize und Einreise nach Guatemala verlief recht stressfrei, auch wenn die Grenze an sich etwas verwirrend ist. Ständig wurde ich zudem von Geldwechslern belagert, die ich allesamt dankend abgewehrt habe. Beim Holen meines Einreisestempels fragte ich den netten Immigration-Mann, wo die nächste Bushaltestelle sei und er meinte nur 200 Meter Fußweg. Neben den Geldwechslern waren die Taxifahrer die nächste Belagerung, aber da ich ja wusste, dass es nicht weit bis zum Bus sein würde, hab ich auch sie alle zurückgewiesen, bin zu Fuß über eine Brücke und gemäß der Beschreibung zur Bushaltestelle.

Und dann kam auch schon der Minibus an. Da ich keine guatemaltekischen Quezales mehr hatte, hab ich mit dem Fahrer vereinbart, dass wir entlang der Strecke an einem Geldautomaten anhalten und ich ihm dann die Fahrt bezahle. Alles prima, wir fuhren los.

Im Bus lernte ich eine nette ältere Dame kennen, die mir auf der Fahrt ihre Lebensgeschichte erzählte (Halbweise, böse Stiefmutter, Heirat mit 12, um der Situation zu entgehen, 4 Kinder bekommen bis zu ihrem 17. Lebensjahr, Mann Alkoholiker und Schläger, Trennung von ihm und eigenes Business aufgebaut, heute unabhängig und zufrieden, Kinder sind auf gutem Weg).

Nachdem der Bus in Santa Elena, dem Nachbarort von Flores ankam, teilten wir uns noch ein Tuktuk, tauschten Nummern aus und verabschiedeten uns herzlich.

Das Tuktuk brachte mich an die Bootanlegestelle. Ich hatte mir ein Hostel auf der gegenüberliegenden Seeseite gesucht, das einen Boot-Shuttleservice hatte.

Beim Warten auf mein Shuttle-Boot kam ich ins Gespräch mit ein paar Bootsmännern, die mir vom Angeln auf dem See berichteten und mir Bilder von ihren Fängen zeigten. Ich hab gefragt, ob sie mich mit zum Angeln nehmen würden, wenn sie in den nächsten Tagen rausfahren und wir haben es ausgemacht.

Guatemala bereitete mir also erneut einen sehr herzlichen Empfang.

Eindrücke von Flores

Die paar Tage in Flores verbrachte ich eher ruhig, hing in der Hängematte am See, Schwamm in den Sonnenuntergang, zog durch die Straßen und ließ es mir in den Restaurants schmecken.

Es ist schon super witzig, wenn man von seiner Haustür einfach mit dem Boot losdüst, um zum Einkaufen zu fahren oder so. Eigentlich wollte ich zu einem Aussichtspunkt hochlaufen, aber eine Ladenbesitzerin hat gesagt, ich solle dort lieber nicht allein hochlaufen, weil eine Frau dort vergewaltigt wurde und ich nur in Begleitung hochwandern sollte. Also hab ich’s mir geschenkt, hab meine Drohne ausgepackt und bin ein bisschen um den See geflogen. So hab ich zumindest auch die Aussicht von oben sehen können.

Da es nur noch knapp zwei Wochen bis zu meiner Rückkehr nach Deutschland waren, wurden die Gedanken an Deutschland immer präsenter. Ein Teil wollte einfach weiterreisen, ein Teil freute sich auf Weihnachten zu Hause und das Wiedersehen.

Passend zu meinen Gedanken traf ich zwei Deutsche – Malte und Stella, die sich wiederum vor zich Jahren in Mexiko kennengelernt hatten. Wir verbrachten eine schöne Zeit mit tollen Gesprächen miteinander und sollten uns von nun an verteilt über drei Länder noch einige Male mehr begegnen 😊

Tikal – Wo Jedis auf Mayas treffen

Für den Aufenthalt in Flores hatte ich auch einen Ausflug nach Tikal, einer berühmten Mayastätte geplant. – Die Sonnenaufgangstour klang verlockend, bei der man mitten in der Nacht losfährt, um in Tikal von einem Tempel aus den Sonnenaufgang zu beobachten. In der Theorie soweit super. – Dazu, wie die Realität aussah etwas später.

Was ich nicht wusste, als  ich meine Sonnenaufgangstour im Hostel buchte, dass ich am Abend vorher in der Stadt zur Bank gehen muss, um mir das Eintrittsticket zu kaufen. Blöd gelaufen, es war nämlich schon kurz vor 19h und die Bank war drauf und dran, zu zumachen. Zum Glück war das Mädel von der Rezeption mit einem Bankmitarbeiter befreundet und dealte mit ihm, dass er das Ticket einfach dem Bootsshuttle mitschickt, nachdem sie ihm ein Foto meines Reisepasses per Whats App geschickt hatte. – In Deutschland in Ding der Unmöglichkeit, aber hier denkt man einfach in Lösungen und weniger in Regeln 😉

Nachts um 3 Uhr ging es also los – mit dem Boot übersetzen auf die andere Seite, dort in einen Bus springen und im Dunkeln Richtung Tikal. Neben Machu Picchu in Peru ist Tikal der einzige Ort in Lateinamerika, der zugleich Weltkulturerbe und Weltnaturerbe ist.

Dort angekommen liefen wir im Dunklen durch den Dschungel – natürlich hatte ich meine Stirnlampe nicht dabei. Ich hielt mich nah an meinen Vordermann, damit ich erkennen konnte, wo Wurzeln als Stolperfallen quer über den Trampelpfad verliefen. Wir stiegen auf den sogenannten Tempel IV, mit 65 Metern das höchste Bauwerk in Tikal. Noch war es stockdunkel und neblig. Voller Spannung saß ich gemeinsam mit einem Schwung weiterer Touristen mucksmäuschenstill auf den Stufen des Tempels und wartete auf einen atemberaubenden Sonnenaufgang. Der Morgen fing an zu grauen, doch die Sonne zeigte sich nicht. – Man kann die Natur halt nicht zwingen.

Doch ein ziemliches Spektakel fand dann trotzdem noch statt: und zwar wachten die Brüllaffen im Dschungel langsam auf und aus dem kompletten Dschungel, der zu unseren Füßen lag, fing es aus allen Himmelsrichtungen an zu schreien.

In der anschließenden Führung über das Gelände lernten wir allerhand über Tikal, z.B. dass die ältesten Siedlungsspuren auf 900 v.Chr. zurück gehen und die Stadt nach und nach zu einer Maya Hochburg entwickelte. Um 700 n.Chr. erlebte die Stadt ihren Höhepunkt. Im 9. Jahrhundert n. Chr. begann plötzlich der Niedergang der Stadt. Wahrscheinlich leitete eine Dürre-Periode den Untergang ein. Die eigenen Wasserreserven gingen zuneige und die gesamte Maya-Region war gezeichnet von einem langjährigen Krieg. Noch bis in das 10. Jahrhundert n. Chr. lassen sich noch extrem trockene Jahre nachweisen und die Stadt wurde in den nachfolgenden Jahren verlassen.

Grundsätzlich herrscht über Tikal ein striktes Flugverbot, aber Nat Geo durfte einen Erkundungsflug machen. Dabei kam die Vermutung heraus, dass Tikal aus 80.000-90.000 Gebäuden bestand. Die Stadt in ihrer Hochzeit also eine Bevölkerung von ca. 500.000 Leuten hatte.

Trotz seiner Größe war Tikal nie eine Maya Hauptstadt, aber das wichtigste religiöse Zentrum.

Zum Glück fanden die Spanier Tikal bei ihrem Eroberungszug nicht, sonst hätten sie – wie an so vielen anderen Orten – die Tempel vermutlich platt gemacht und ihre Kirchen aus den Steinen gebaut. Aber so hat der Dschungel sich Tikal angenommen und komplett überwuchert. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die erste Expedition hier hingeführt und es hat noch weitere 100 Jahre gedauert, bis in den Jahren 1957 bis 1969 die Gran Plaza und die nördliche Akropolis freigelegt wurden.

Wir lernten, dass die flachen Pyramiden zur astronomischen Überwachung dienten und die „spitzeren“ Pyramiden die Tempel waren, in denen man zu den Göttern sprach. Richtig beeindruckend ist die Anordnung der Pyramiden, die bei einer bestimmten Sonnenkonstellation genau in einer Linie stehen und von deren Anordnung man ableiten kann, in welcher Jahreszeit welche Felder zu bebauen waren.

Ein weiteres Highlight von Tikal stellte der große Platz dar. Hier wurden zwischen den Tempeln die Opfer für rund 22 Götter erbracht. Auch Menschenopfer waren hier Gang und Gäbe. Hierfür wurden besondere Menschen ausgewählt, um den Göttern nur das beste vom besten zu geben.

An der Gran Plaza ist auch die Acropolis zu finden, die der Wohnbereich des Königs darstellte. Die ärmeren Stadtbewohner wohnten in Holzhäusern etwas außerhalb des Zentrums.

Während 67 und 740 n. Chr. herrschte der König Jaguar. Seinen 1,85 m großen Leichnam fand man im Tempel 1 und wenn man sich nun den durchschnittlichen Guatemalteken anschaut und dann zudem noch 1000 Jahre zurückrechnet ist das doch sehr erstaunlich. Er schien nicht nur körperlich ein großer König gewesen zu sein, denn während seiner Herrschaftszeit wuchs Tikal am meisten.

Beim Besuch von Tikal fühlt man sich wie in einem Indiana Jones Film. Man läuft durch den Dschungel und mittendrin tauschen die alten Tempel auf.

Ich beschloss also nicht mit dem geplanten Bus zurückzufahren, sondern noch ein paar weitere Stunden auf dem Gelände zu bleiben. So streifte ich durch den Dschungel, bewunderte die Spidermonkeys, wie sie sich ihren Weg von Baum zu Baum ersprangen und genoss das Gefühl mal wieder mitten im Regenwald zu sein.

Und auf einmal riss auch der Himmel auf und der Nebel wich Sonnenschein. Ich stieg also nochmal auf den Tempel IV und wurde mit einem fantastischen Überblick über den Regenwald, aus dem die Tempel I., II, III. und V. sowie die Pyramide der vergessenen Welt herausragen belohnt. Einigen von Euch kommt dieser Anblick bestimmt bekannt vor, denn er wurde im 4.Teil von Star Wars verwendet, um den Mond Yavin IV darzustellen.

Nach diesem unglaublich tollen Erlebnis trat ich schließlich die Rückfahrt nach Flores an und lies den Tag am See ausklingen. Das mit dem Angeln auf dem See hat leider nicht geklappt, weil der Fischer morgens rausfuhr, als ich in Tikal war. Aber so ist das halt manchmal.

Abschied aus Guatemala

Und dann hieß es auch schon wieder Abschied nehmen von Guatemala. Mein Weg führte mich zurück nach Belize, doch nicht ohne noch ein schönes Erlebnis.

Ich fuhr also wieder mit dem Minibus in Richtung Grenze und hatte noch ein bisschen Geld übrig. Am Obststand kaufte ich mir also noch ein paar Litschis und Mandarinen und setzte mich in den Bus und los ging es. Was ich nicht wusste: die große Haltestelle mit all ihren Verkäufern sollte erst noch kommen. Wir fuhren mitten durch den Markt und dann kamen einige Frauen in den Bus, um uns Gebäck zu verkaufen.

Ich sagte, dass ich liebend gerne etwas kaufen würde, aber nur Geld aus Belize hätte. Sie meinte sie klärt das ab und kam danach wieder. Aber die kleinen Beträge würden sie nicht umtauschen können, also hat sich das dann erübrigt. Ich musste ihr absagen und beide waren wir latent traurig. Das sah wohl ein Mann aus dem Bus, der mir dann das Gebäck kaufte und es mir schenkte. Ich hatte ein unheimlich schlechtes Gewissen, weil ich das Geld ja theoretisch schon hatte, nur in der falschen Währung. Aber er ließ sich nicht davon abbringen und wollte mir das Geschenk machen. Das hat die andere Marktfrau dann gesehen und hat mir ihr Gebäck auf noch geschenkt. Ich wollte es wieder nicht annehmen und sagte sie soll es doch bitte jemandem verkaufen, der ihr Geld geben kann, doch sie bestand darauf. Was für beeindruckende Menschen. Im Anschluss kam dann noch ein Prediger in den Bus und betete für uns für eine gute Fahrt.

Und so verließ ich dieses wundervolle Land und machte mich wieder auf nach Belize. Diesmal um mit der ATM Höhle in die Unterwelt der Maya einzusteigen. Davon aber mehr im nächsten Artikel.

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