Seit ein paar Tagen bin ich nun in Dominica. Ich fühle mich hier sehr wohl und die Menschen haben mich mit offenen Armen empfangen. Die Insel hat ein sehr schweres Schicksal zu tragen und wurde vom Hurrikan Maria förmlich niedergemäht. 90% aller Gebäude wurden beschädigt, eine Vielzahl von Menschen wurde obdachlos und viele verloren ihre Arbeit, da schlichtweg viele Firmen, Läden, Restaurants, Hotels und Bars sowie 100% der Landwirtschaft zerstört wurde. Ich bin vorbeigefahren, an niedergemähten Kokosnuss Plantagen, an Ruinen, an Zelten statt Häusern und an vielen vielen Häusern, die statt einem Dach nur eine Plane haben.

Ich habe einige Geschichten gehört, wie die Menschen den Hurrikan erlebt und überlebt haben. Einige möchte ich an dieser Stelle mit Euch teilen.

Der Hurrikan war als kleiner Sturm der Stärke 1-2 angekündigt. Als er aber auf die Insel zukam, nahm er rasant an Geschwindigkeit zu und im Radio wurde gesagt, dass es mittlerweile ein Sturm der Kategorie 3 sei. Danach fiel der Strom und das Radio aus und jeder war auf sich allein gestellt. Im Nachhinein war es ein Hurrikan der Kategorie 5, der einmal komplett über die Insel gefegt hat und nichts ausgelassen hat. Im Hurrikan waren auch mehrere Tornados. Die Häuser, die von Tornados erfasst wurden, hatten gar keine Chance.

Tatjana, die im MaBass Gästehaus arbeitet, ist für die Hurrikan-Nacht in eine Wohnung in einem Haus mit Betondach, das eben Hurrikan-sicher sein sollte. Allerdings ist in der Nacht der Fluß in Roseau komplett übergelaufen. Der Strom und das Radio waren schon lange ausgefallen, das Wasser fing an in der Wohnung zu steigen. Bis zur Taille. Dann hat sie ihren Pass und ihre wichtigen Papiere ganz oben auf einen Schrank kurz unter der Decke gelegt. Sie wollten die Tür öffnen, um aus der Wohnung zu kommen. Das ging nicht mehr – sie ließ sich nicht öffnen, also zerschmetterten sie ein Fenster und schwammen im Stockdunkel nach draußen – ständig Objekte von sich wegschiebend, die durch die Nacht geschwemmt wurden. Schließlich erreichten sie die Außentreppe zur Wohnung im ersten Stock und konnten reingelassen werden. Sie sagte mir, dass sie, als sie in der Wohnung war und das Wasser stieg und stieg und später, als sie durch die Nacht schwamm fest damit gerechnet hat, dass sie in dieser Nacht sterben würde.

Der Vater, den ich beim BBQ mit seinen Kindern am Strand getroffen habe, hat erzählt, dass er mit seiner Frau und seinen kleinen Kindern in ihrem Haus im ersten Stock waren. Der Hurrikan hat die Fenster zertrümmert und das Dach runtergerissen. Die Familie saß unter dem Küchentisch und hatte Matratzen gegen den Tisch gelehnt, damit sie vor fliegenden Objekten geschützt sind. Die Kinder waren erstaunlich ruhig und haben teilweise sogar geschlafen.

Marcus, der das Fischerboot beim Speerfischen gelenkt hat, hatte im Nachbarhaus Schutz vor dem Hurrikan gesucht. Bei seinem Haus wurde das komplette obere Stockwerk weggerissen. Es war nichts aber auch gar nichts mehr da. Alle Möbel, alle Dinge im Haus wurden nie wieder gesehen. Das einzige, was er retten konnte war sein Fahrrad, dass zwei Häuser weiter in ein Haus reingeweht wurde und nach ein paar kleinen Reparaturen auch wieder fährt.

Russel, bei dem ich von Paix Bouche nach Roseau zurück mitgefahren bin, hat erzählt, dass er morgens nach dem Hurrikan aus dem Haus kam, die Zerstörung gesehen hat und er sich vorkam, wie in einem Endzeitfilm und überzeugt war, dass er der einzige lebende Mensch sein muss, da alles so verwüstet aussah, dass er nicht glaubte, dass das noch jemand überlebt haben konnte.

Viele Leute haben schwere Traumata davongetragen und man sieht ihre Besorgnis in den Augen, wenn sie einem erzählen, dass jetzt die Hurrikan-Session langsam wieder losgeht.

Die Zeit nach dem Hurrikan gab es selbst in der Hauptstadt kein fließend Wasser und kein Strom. Die Menschen sind täglich in die Berge gelaufen, um Trinkwasser zu holen. Die Straßen und vor allem Brücken waren zerstört, weggeschwemmt oder mit riesigen Felsblöcken versperrt. In einigen Teilen der Insel gibt es bis heute – 8 Monate nach dem Hurrikan noch keinen Strom. In Paix Bouche hatten wir beispielsweise 1-2 Stunden den Generator an, ansonsten war dort kein Strom.

In der Zeit nach dem Hurrikan kamen lt. Erol Waste Management Experten ins Land und richteten Sammelstellen für die zerstörten Blechdächer ein. Ich habe Luftaufnahmen von einem Tag nach dem Sturm gesehen, Ihr müsst Euch vorstellen, dass ÜBERALL die Dächer rumliegen, nur nicht mehr auf den Häusern.

Falls Ihr Interesse habt, das Projekt zu unterstützen, freue ich mich über Eure Mithilfe. Vielen lieben Dank.

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