Am nächsten Tag wollte ich mich nach einem Tauchkurs erkundigen. Erol meinte noch, dass er nicht weiß, ob nach dem Hurrikan überhaupt eine Tauchschule offen hat, aber ich hab gesagt ich lauf einfach hin, dann seh ich es schon. Also bin ich losmarschiert. Viele Touristen sind hier wirklich nicht unterwegs, dementsprechend falle ich dann natürlich auf wie ein bunter – oder halt besser gesagt – weißer Hund. Die Tauchschule in die ich eigentlich gehen wollte, war quasi dem Erdboden gleichgemacht. Die andere schien intakt zu sein. Doch dann stellte sich heraus, dass dort auch nur Aushilfsbetrieb war, weil ja Feiertag ist. Das wusste ich nicht, ich bin nochmal kurz alle potentiell in Frage kommenden Feiertage durchgegangen, kam aber auf keine Übereinstimmung. Da hat er mir erklärt, dass es der Maifeiertag sei und dass dieser in Dominica immer am ersten Montag im Monat Mai gefeiert wird. Die Tauchlehrerin war also auch nicht da und er konnte mir auch nicht versprechen, ob ich einen Kurs machen kann oder nicht. Ich hab ihm also meine Handynummer gegeben, dass er mir Bescheid geben kann (fyi: Am nächsten Tag hat er mir erklärt, dass er mir keinen Kurs anbieten kann – nach dem Hurrikan ist also nicht mal beim Tauchen alles gleich geblieben).

Da Feiertag war ging aber auch kein Bus, so dass ich auch keine anderen Ziele aus meinem Reiseführer für eine Wanderung oder so anfahren hätte können. (Und für 60 USD Taxi, war ich zu geizig, wenn ich einen Tag später für 2 USD im Bus hinkomme) und so hatte ich mich schon damit abgefunden, alleine durch Roseau zu laufen – was jetzt auch nicht schlecht gewesen wäre. Aber als ich am Strand entlang zurücklief, begegnete ich einem Dominicaner im Taucheranzug. Wir kamen ins Gespräch und auf sein Fragen hin erklärte ich ihm, dass ich eigentlich zum Tauchen und dann zum Schnorcheln wollte, aber scheinbar gibt’s hier gar nichts und jetzt lauf ich wieder heim. Da hat er mir erklärt, dass sie gleich mit dem Boot rausfahren würden, um Fische zu fangen und dass ich gerne währenddessen schnorcheln kann, weil sie direkt beim Riff unterwegs sein würden. Warum auch nicht. Ich hatte auch ein gutes Bauchgefühl. Darum hatte ich mir auch keine Sorgen gemacht, als ich mein Handy und mein Geld in einen Schuppen zu seinen Sachen gelegt hab.

Und los ging’s. Die Jungs sind mit dem Speer und in voller Tauchermontur vom Boot gesprungen und ich mit meinem Schnorchel hinterher. Dann hab ich die beiden von oben dabei beobachtet, wie sie mit dem Speer die Fische und Langusten gefangen haben. Nach einer Zeit waren sie mit ihrem Fang dann zufrieden und es ging zurück an Land. Dort erklärte mir Beanz (das war der, der mich ursprünglich eingeladen hatte), dass das die Fische sind, die wir und auch ich später vom BBQ essen werden. Somit war ich dann wohl zum Feiertagsgrillen eingeladen. Er erklärte mir viel über die Fische und dass der Lionfisch irgendwann aus einem Labor in den USA „ausgebrochen“ sei und die anderen Fische esse, daher fischen sie ihn gern, um die Population zu verringern. Allerdings ist er auch giftig und dann demonstrierte er mich noch genau, was man wegschneiden muss, dass nichts mehr Giftiges dran ist. Dann war noch ein Steinfisch dabei, da hat er auch erwähnt, dass man vorsichtig sein muss, weil er giftig sei und dass er die Fische jetzt an Land ausschneidet, weil die Nachbarskinder im Wasser spielen und sie mit dem Gift nicht in Berührung kommen sollen. Im Nachhinein hab ich nachgelesen, dass der Steinfisch einer der giftigsten Fische überhaupt ist… Manchmal ist es doch besser, man weiß nicht alles, wenn man das Gefühlt hat, dass man den Leuten vertrauen kann. Der Vater der Nachbarskinder hat mir währenddessen über seine autistische Tochter, die medizinische und psychologischen Möglichkeiten auf der Insel erzählt sowie von ihrer Hurrikan-Geschichte erzählt.

Während Beanz munter weiter Fische putzte, hab ich mich zu den anderen Jungs – es kamen immer mehr Gäste – gesellt, die beim Domino-Spielen waren. Ich kenne Domino ja nur als Kinderspiel. Aber hier wird es mit abstrusen Regeln und über Stunden um Stunden von Erwachsenen gespielt. Und dann war er fertig, der gegrillte Fisch und mit Sicherheit einer der Besten, die ich jemals gegessen habe. Den Nachmittag über saßen wir also alle am Strand und im Hüttchen, haben gespielt, geredet und gegessen (später gab’s dann noch Hühnchen vom Grill – auch wieder so unglaublich lecker). Dann brach langsam die Nacht herein und die Feier löste sich langsam (nach einem Stück Schokokuchen) endgültig auf. Ich fragte Beanz noch, ob ich von dort aus gut heimlaufen kann oder mir Gedanken machen muss. In dem Moment kam ein Kumpel mit dem Roller vorbei. Er hat ihn sich dann kurzerhand ausgeliehen und mich heimgebracht. Das hat mich wieder an meine Motoradtaxi-Zeit in Tansania erinnert.

Und so ging mein zweiter Tag auf Dominica zu Ende. Wieder lag ich todmüde und unglaublich glücklich in meinem Bett. So viel Gastfreundschaft habe ich in noch keinem Land vorher erfahren. Doch der Tag war noch nicht zu Ende: Es warteten noch gute Nachrichten auf mich. Ich hatte Euch doch geschrieben, dass ich mich bei der einen Organisation für eine Volunteering-Stelle beworben hatte – und an diesem Abend kam dann auch noch die Zusage. Und zwar handelt es sich um den Wiederaufbau einer Grundschule im Norden der Insel. Es gibt dort ein Volunteer-Haus, so dass ich mich nicht mal um eine Unterkunft kümmern muss. Die Organisation heißt ‚All Hands and Hearts‘ und hat sich auf Wiederaufbauprojekte nach Naturkatastrophen fokussiert und hat in Dominica gerade eben im April ihr Projekt gestartet. Da mich die Art und Weise der Organisation überzeugt, habe ich eine Fundraising Seite eingerichtet und freue mich, wenn Ihr das Projekt mitunterstützen möchtet.

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