Eigentlich wollte ich eine Übernachtung in San Pedro auf der Rückseite des Atitlan Sees buchen, die jedoch leider ausgebucht war. Als mir Booking ein Hostel in der Nähe anbot, hab ich direkt zugeschlagen. Chris und ich fuhren mit dem Shuttle also bis nach San Pedro. Dort angekommen fing ich an, das Hostel zu suchen, Maps.me zeigte mir das Hostel allerdings auf der anderen Seite des Sees an. – Huuups, das hatte ich beim Buchen nicht mehr überprüft. Somit bekamen wir also gleich unsere erste Touri-Tour: Bootsüberquerung des Sees zum richtigen Hostel in Santa Cruz.

Und hier hatten wir einen tollen Griff gelandet: Das Iguana Perdida hat alles was man sich wünschen kann: gemütliche kleine Hütten, einen tollen Aufenthaltsraum, ein Family-Dinner, ein Kaminzimmer und sogar eine Sauna. Das Beste am Hostel war jedoch der Ausblick auf die zwei gegenüberliegenden Vulkane. Ich konnte ewig einfach nur dasitzen und den Wolken zuschauen, wie sie an den Vulkanen vorbeizogen.

 

Sonderliches Kirchenerlebnis

Am ersten Tag stand kein großes Programm mehr an, wir zogen ein bisschen durch das verschlafene Dorf Santa Cruz. Als wir Musik aus der Kirche hörten, beschlossen wir, reinzugehen und wurden auch freundlich empfangen. Dann spielte sich allerdings etwas ab, was ich noch nie in einer Kirche gesehen hatte. Eine Band spielte auf der Bühne und eine Frau ging zum Singen auf die Bühne. Den Text konnte ich schlecht verstehen, aber die Stimme klang schon ziemlich weinerlich. Während alle Leute in der Kirche standen und zur Musik klatschten, kniete sich der Mann vor mir auf den Boden und legte sein Gesicht in seine Hände auf der Bank. Ihm folgten dann nach und nach weitere der Besucher irgendwann ging der Gesang der Frau immer mehr in weinen über und sie glitt hinter dem Pult zu Boden. Die Musik hörte auf und im ganzen Raum war nur noch Schluchzen zu hören. Mittlerweile waren Chris und ich die einzigen, die noch standen. Alle anderen waren zu Boden gegangen, um zu weinen. An der Stelle beschlossen wir, unauffällig die Kirche zu verlassen. Ich werde wohl nie erfahren, was es damit auf sich hatte. Es war aber auf jeden Fall eine sehr interessante Erfahrung.

Beim Family Dinner lernten wir eine super nette Gruppe von zwei Pärchen aus England und Australien kennen. Sie luden uns ein, am nächsten Tag mit ihnen eine Wanderung ins Hippie-Dorf San Marcos zu machen. Scheinbar wird man auf dem Weg dorthin gern mal überfallen, weshalb wir keine Wertgegenstände mitnehmen und nur in Gruppen unterwegs sein sollten. Je mehr Leute desto sicherer.

 

Wanderung Santa Cruz nach San Marcos

Das Wetter war während unseres Aufenthalts nicht soooo der Hammer. Grundsätzlich konnte man aber davon ausgehen, dass es morgens sonnig ist und am Nachmittag alles was man sich an Regen vorstellen kann runterkommt. Wir zogen also früh los und wanderten bergauf-bergab über Trampelpfade am See entlang Richtung San Marcos. Hiervon hatte man uns schon berichtet, dass es DER Go-To-Ort für sämtliche spirituellen und alternativen Besuchern ist. Auf der Strecke haben wir – zum Glück – weit und breit niemanden getroffen, der vorgehabt hätte, uns auszurauben. Nach 2/3 der Strecke bekamen wir dann allerdings Polizeischutz der Tourismuspolizei. Das war meine Premiere im „Mit Polizeischutz Wandern“ 🙂

In San Marcos angekommen sprangen wir von einer 8 Meter Plattform erstmal ins kühle Nass (naja die Jungs sprangen, ich war ja leidlich krank und wollte dann keinen 8 Meter Sprung machen) und schwammen ein paar „Bahnen“ im kühlen Atitlan See. Danach ging’s ins Dorf und dort fanden wir dann auch gleich viele Künstler, vegane Cafés, Aushänge für Trommelkurse und spirituelle Sitzungen vor… Nach einem leckeren Essen in einem schicken alternativen Restaurant verabschiedeten sich die beiden Pärchen, um mit dem Boot rechtzeitig zu ihrem Sprachkurs zu kommen.

Chris und ich beschlossen zurückzulaufen, da wir beim Hinweg nicht den Eindruck hatten, dass es irgendwie gefährlich sei. Auf dem Weg begegneten wir bei der Kirche dann einer alten Frau und wir kamen ins Gespräch. Sie erklärte mir, dass sie die Hebamme in dem Dorf sei und ihr medizinisches Wissen von ihrem verstorbenen Mann hätte, der ihr alles Mögliche beibrachte, damit sie medizinische Beratung machen könne, wenn er stirbt, damit sie sich ihr Einkommen sichern kann. Sie hat mir von ein paar Fällen von viel zu großen Babys erzählt und was sie gemacht hatte, damit die Geburt gut ging etc. Später im Hostel warf ich einen Blick in meinen Reiseführer und siehe da, dort wurde von der alten Frau als Institution im Dorf berichtet 😉

Chris und ich liefen also zurück in Richtung Santa Cruz. Der Weg zog sich ganz schön hin und ein paar Mal trafen wir Männer mit Macheten. Wir waren aber nicht wirklich besorgt, weil sie doch eher nach Bauer und nicht nach Verbrecher aussahen. Zur Sicherheit wandte ich meine Strategie aus der Karibik an, die immer zum Einsatz kam, wenn ich alleine wandern war und mir mitten im Nirgendwo jemand begegnete: Die Flucht nach vorn – Freundlich auf die Leute zugehen, ein Gespräch anfangen und direkt eine persönliche Verbindung aufbauen. Somit hatten wir dann auch noch ein paar nette Gespräche mit den „be-macheteten“ Passanten 😉

 

Mit dem Kanu zum ATM

Am nächsten Tag stand dann etwas Sport auf dem Programm. Das Wetter war uns wohlgesonnen und wir mieteten zwei Kanus. Blöderweise hatten wir kein Geld, um sie zu bezahlen, also war der Plan, mit dem Kanu nach San Marcos zu fahren, um dort Geld abzuheben. So weit so gut. Der Ausflug war toll, nur hielt das Wetter an diesem Tag leider nicht so gut und auf dem Rückweg nahmen die Wellen zu. Wir kämpften gegen die Wellen und den Gegenwind, bis wir an der nächsten Ortschaft vorbeikamen. Die Leute in dem Ort meinten, dass der Wellengang ab jetzt noch schlimmer werden würde, also beschlossen wir, die Kanus an die Bootshaltestelle zu ziehen und mit dem nächsten Boots-Bus zu fahren – inklusive unseren Kanus natürlich. Die brachten uns dann sogar bis zum Kanuverleih, wo wir dann den Rest unserer Miete bezahlen konnten.

Wieder zurück im Hostel angekommen fragten die Australier, ob wir am nächsten Tag einen Kochkurs mitmachen wollten. Natürlich waren wir mit von der Partie. Das Wetter an dem Abend war nasskalt und ekelig und neben ein paar Bieren und Aufwärmschnäpsen beschlossen wir, dass die Sauna herhalten muss. Die sah von außen (naja eigentlich auch von innen) eher aus wie ein Steinofen in der Pizzeria und man musste durch ein mini kleines Türchen reinkrabbeln. Aber was tut man nicht alles, damit es ein bisschen warm wird. Nach einem netten Abend bei Kerzenschein und Bier in der Pizzaofensauna konnte man auch auf die Dusche danach verzichten, weil es nämlich so sehr aus Strömen regnete, dass man sich einfach nur zwei Minuten rausstellen musste. Perfekt!

Die Luke zum Feuermachen in der Sauna – die Tür, zu der man reinklettern musste war allerdings nicht viel größer – nur ohne Feuer halt

Nachdem sich herausstellte, dass wir die Morgenwanderung zum Berg „Indian Nose“ nur machen können, wenn wir noch eine Nacht in San Pedro auf der anderen Seeseite übernachten würden und wir das zu kompliziert fanden, war der Plan, um 4 Uhr aufzustehen und auf unserer Seeseite auf den Berg zu steigen, um den Sonnenaufgang dort zu sehen. Nachdem es aber stundenlang wie aus Kübeln schüttete, verworfen wir den Plan, was auch gut war, denn um 4 Uhr sind wir trotzdem aufgestanden und haben den „Sonnenaufgang“ von der Terrasse aus beobachtet. Das Lago Atitlan Wetter hatte allerdings sein normales „Morgens schön, Nachmittags schlecht Schema“ nicht eingehalten und der Sonnenaufgang war doch ziemlich dürftig bzw. nicht vorhanden. Seht selbst:

 

Kochkurs – Wir lernen guatemaltekisch kochen

Der Kochkurs am nächsten Tag war richtig toll. Wir lernten, wie man Tamales macht, die ich bis dahin immer als Wegproviant gegessen hatte und kochten neben Pepian als Hauptgang noch Rellenitos. Die waren der Hammer. Dazu rieben wir guatemaltekische Schokolade und rührten sie in schwarzes Bohnenmus unter, kochten es auf und füllten damit Teigtaschen aus Tortillateig. Ein wahrer Traum und der perfekte Abschluss unseres Aufenthaltes am wunderschönen Atitlansee.

Am nächsten Tag auf dem Rückweg nach Antigua, wo wir am nächsten Tag den Acatenango Vulkan besteigen wollten, traf ich auf halber Strecke an der Tankstelle doch tatsächlich noch Jack. Die Welt ist einfach ein Dorf.

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