Eigentlich hatte ich mir für diese Reise vorgenommen, einfach nur zu reisen und nicht zu arbeiten. Nachdem ich hier in Dominica von allen Einheimischen so lieb aufgenommen wurde, wollte ich aber gerne etwas zurückgeben und zwar erst recht, als ich das Ausmaß der Zerstörung hier gesehen habe. In Puerto Rico habe ich bei unserer Dschungeltour Fred und Sue kennengelernt, die mir von ihrer Freiwilligenarbeit bei der Organisation „All Hands and Hearts“ erzählten, die beim Wiederaufbau nach Naturkatastrophen hilft. Bevor ich 2014 nach Tansania ging habe ich sehr viele solcher Freiwilligen-Organisationen recherchiert und auch ca. 70 gefunden. Allerdings verlangen so gut wie alle dieser Organisationen sehr viel Geld dafür, dass man für sie arbeitet. Umso positiver war ich überrascht, dass dies bei „All Hands and Hearts“ nicht der Fall ist. Unterkunft und Essen sind kostenlos, man spendet seine Zeit und seine Arbeitskraft. Also hab ich mich für einen Platz in Dominica beworben und auch kurz darauf eine Zusage erhalten.

So ging es für mich dann auf in den Norden der Insel, in das kleine Dorf Paix Bouche, um beim Wiederaufbau einer Grundschule mitzuwirken. Diese war zwar der Hurrikan-Schutzraum der Gemeinde, beim Hurrikan Maria hat es allerdings alle Fenster zerschlagen und das Dach abgerissen. Die Einrichtung und alle Bücher wurden ebenso zerstört. Das Ziel des Projektes ist es, die Schule so wiederaufzubauen, dass sie zukünftigen Hurrikanen und Erdbeben standhält.

Die Wegbeschreibung zum Projekt war etwas abenteuerlich. Laut der muss man am Fuße eines Berges vom Bus aussteigen und dann 1 Stunde bergauf laufen, um zum Freiwilligenhaus zu gelangen. Wie immer in Dominica hab ich im Bus sehr nette Leute kennengelernt und ein Mann hat mir dann einen meiner zwei Rucksäcke zu einem anderen Bus getragen und gemeint, dass der Bus mich bis zum Haus bringen kann und ich gar nicht laufen muss. Dann hat er das alles noch mit dem Busfahrer und den anderen Fahrgästen besprochen, um sicherzugehen, dass ich ans Ziel komme. Dann wurde mir noch per Handschlag für die Mithilfe beim Wiederaufbau gedankt. – Ich bin einfach immer wieder begeistert von den Menschen hier.

Die Busfahrt hat super geklappt und so kam ich in meinem neuen Heim für eine Woche an. Alle Freiwilligen waren schon auf der Baustelle, also hab ich schnell mein Lager im 8-Betten-Zimmer aufgeschlagen und dann ging’s auch schon los. – Ab auf die Baustelle. Allein der Weg dorthin war schon toll. Alle Leute haben gegrüßt und man hat direkt gemerkt, wie sie sich darüber freuen, dass Menschen, die eigentlich nichts mit ihrer Gemeinde zu tun haben von überall her kommen, um die Schule wieder aufzubauen.

Das Projekt wurde erst im April gestartet und war somit noch recht jung. In der ersten Phase wurden einige Wände und Böden eingerissen, um später alles stabiler wiederaufzubauen, damit die Statik auch einem Erdbeben standhält. Als ich dort eintraf, war die Schule also eher ein Skelett von einem Gebäude.

Bis dato hatte ich noch nie wirklich auf einer Baustelle gearbeitet und ich war sehr gespannt, was meine Aufgaben sein würden und ob ich es überhaupt hinkriegen würde. Ich bekam eine kurze Baustellenführung inkl. der geplanten Bauschritte. Da ich nicht wusste, dass ich dieses Projekt machen würde, hatte ich natürlich keine Arbeitshandschuhe im Reisegepäck dabei, aber 5-6 (so heißt der lokale Kapo (den Namen hat er seit seiner Kindheit, weil er einen Fuß in Schuhgröße 5 und einen in Schuhgröße 6 hatte) hat mir seine geliehen).  Und dann ging’s auch schon los: Helm und Schutzbrille auf, Handschuhe an und Steine abladen (@ alle, die immer auf mich Acht geben, dass ich meinen Rücken nicht überstrapaziere: Die ganze Woche auf der Baustelle war ich ein Vorbild in rückengerechtem Heben und Arbeiten 😉 ). Den Rest des Tages verbrachte ich dann mit Beton schaufeln. Dieser wurde zum Gießen von Säulen verwendet, die vorher mit Stahlstangen und -klammern verstärkt wurden. Ich hab in der Woche auch allerhand neuer englischer Vokabeln gelernt.

Die Leute haben mich alle super lieb aufgenommen. Die meisten waren aus den USA aber auch England, Irland und Spanien waren vertreten. Am meisten beeindruckt war ich wohl von Bill und Sharon, die Mitte / Ende siebzig sind und mittendrin statt nur dabei. Neben den All Hands and Hearts Freiwilligen waren auch noch ein paar junge Missionare auf der Baustelle, die auf einem Schiff unterwegs sind und immer dort aushelfen, wo sie gebraucht werden. Da das Projekt hier gerade angelaufen ist, ist es noch ein bisschen unterbesetzt, was Freiwillige angeht, daher ist es super, dass diese Gruppe mitunterstützen kann. Mal davon abgesehen, dass alle wahnsinnig lieb waren.

Auch generell ist das ganze Projekt und der Freiwilligeneinsatz sehr gut organisiert. Jeden Abend gibt es coolerweise auf dem Dach ein Meeting mit Rückblick auf den Tag, Info vom Projektkoordinator, wo man im Projektplan steht und was am nächsten Tag ansteht. Ein bisschen hat mich das Ganze auch an Zeltlager von früher erinnert, es gibt nämlich einen Zapfenstreich, d.h. um 21 Uhr muss jeder im Haus und möglichst still sein. Aber da man nach der Baustelle eh fix und fertig ist, geht man nach 1-2 Feierabend Bieren eigentlich gerne freiwillig um 21 Uhr schlafen, zumal der nächste Tag jeweils um 06 Uhr morgens beginnt und zwar mit dem Geschrei der gegenüberwohnenden Ziege und Schafen. (Während ich das gerade geschrieben habe, musste ich mit einem großen Käfer auf meiner Tastatur kämpfen – jetzt ist er weg – weiter geht’s)

 

Ich hab eine tolle Bauphase erwischt und zwar wurden in der Zeit, in der ich dort war viele Wände hochgezogen, neben Beton schaufeln hab ich die Mörtel-in-Steine-Füllen-Rolle für mich entdeckt. Allerdings war das ein ziemlicher Kampf mit den lokalen Maurern. Statt eine ganze Reihe zu mauern, die ich hätte schön füllen können, haben sie ein Teilstück in die Höhe gemauert. Dann musste man schauen, wie man den Mörtel in 3-4 leere, versetzt gemauerte Steinreihen reinkriegt. Am Ende hab ich meine Technik entwickelt und es hat gut geklappt. Außerdem hab ich gelernt, wie man Mörtel mischt. Vielleicht brauch ich das ja irgendwann mal im Leben. Neben dem Mauern fand ich das Boden-Abtragen eine ziemlich coole Sache. Hier waren wir mit Vorschlaghammern und Stemmeisen am Start. Und eine ganz wichtige Sache hab ich noch gelernt: Auf dem Bau arbeiten geht mit Musik viel leichter als ohne. An dieser Stelle an Dankeschön an Kylie für seine Playlist.

Mittags und Abends gab’s jeweils hervorragendes lokales Essen. Von gegrilltem Fisch oder Hühnchen über Gemüsereis bis zu Klößen war alles dabei. Und durch den steilen Hang zurück zum Haus wurde das Essen auch direkt wieder wegtrainiert. Zum Glück gab’s ab und zu die Möglichkeit, hinten auf dem PickUp mitzufahren, was besonders cool war. An einem Abend konnte ich sogar noch die Gelegenheit nutzen mir nach dem Abendessen, in einer der Eckkneipen die Dominoregeln erklären zu lassen. – Ich hab trotzdem verloren 😉

An einem Abend gab’s einen Filmabend mit Beamer in unserer Bleibe – passend zur Karibik „Cool Runnings“. Weitere Abend-Highlights waren leider an Tagen nach meiner Abreise:

  • Ein Musikfestival,
  • eine Auktion zum Sammeln von Spenden (auf der Liste war quasi alles dabei von 1 Woche Frühstück machen über einen Bauernhofaufenthalt in England oder einer Hängematte bis hin zu einem Dschungel-Aufenthalt in Ecuador) oder
  • ein Workshop Abend, bei dem jeder einen Workshop ausrufen kann, um seine Fähigkeiten mit den anderen zu teilen. Der erste Workshop war ein Photo-Editing-Kurs für Handyfotos. Ich fand das eine ziemlich coole Idee und eigentlich ist das auch was, was man im „normalen Leben“ mit seinen Freunden mal machen kann.

Ein Highlight vor meiner Abreise war dann noch der Day-Off. Da die Mauern schnell hochgezogen werden sollten, wurde in der Woche in der ich dort war auch Sonntag zum Arbeiten ausgerufen und ich ziehe meinen Hut vor allen Freiwilligen und Angestellten, die sieben Tage lang durchgearbeitet haben. Ich war nach vier Tagen schon ziemlich k.o. Der freie Tag wurde also auf Montag verlegt und es ging ab zum Schnorcheln an einen Strand im Norden.

Die Woche ging vorbei wie im Flug und ich habe viel darüber nachgedacht, ob ich noch eine weitere Woche dranhänge. Besonders in der zweiten Hälfte meiner Zeit dort habe ich mich schon ein bisschen wie zu Hause gefühlt und gerade, als ich die Leute kennengelernt hatte, musste ich schon wieder gehen. Doch als ich dann nochmal meinen Zeitplan durchgegangen bin, hab ich beschlossen, schweren Herzens nicht noch eine Woche dranzuhängen, um in der Karibik noch die Ziele kennenzulernen, die ich mir ausgedacht hatte. Und vermutlich wäre es mir nach zwei Wochen noch schwerer gefallen zu gehen. Ein paar der Freiwilligen begleiten das Projekt bis zum Abschluss. Sie werden dann auch erleben, wie die Kinder wieder in ihre Schule einziehen.

Da mir das Projekt ans Herz gewachsen ist, hab ich eine Spendenseite dafür aufgebaut.
Ich freue mich über jeden Betrag, der dort zur Unterstützung des Projektes eingeht.

Jetzt spenden

An dieser Stelle ein riesiges Dankeschön an ‚All Hands and Hearts‘, dass ich Teil sein durfte bei diesem tollen Projekt und an alle, die schon unterstützt haben. Weitere Hurrikanerzählungen von Einheimischen findet Ihr im Eintrag: Dominika zerstört vom Hurrikan. Für mich hieß es dann also Tschüss sagen und zurück in den Süden fahren.

Vorher hab ich noch einen kleinen Abstecher zum Kajakfahren und Schnorcheln gemacht, um dann mit dem Bus nach Roseau zu fahren.

Dabei hab ich den Bus dann mit einem privaten Bus verwechselt. (Das passiert hier leicht, weil die Busse Mini-Vans sind, die nicht besonders gekennzeichnet sind – außer, dass sie ein H vorne beim Nummernschild haben) Als ich einstieg hab ich dann erst erkannt, dass es ein Arbeiter ist, der den Bus als Transportmittel benutzt. Naja passenderweise musste er auch nach Roseau, also bin ich grade mitgefahren. (Randnotiz: Ich wollte eigentlich nicht per Anhalter fahren als allein reisende Frau – in der Karibik ist das aber quasi nicht möglich). Ich hab ihm dann noch geholfen, sein Baumaterial in der Firmenzentrale auszuladen und dann war ich auch schon wieder zurück in Roseau.

Schön war’s.

2 Comments

  1. Bill Kennedy

    Outstanding job !!! It was a real pleasure to have met you and I hope we cross each other’s path again in the near future.

    • skober2018

      Hi Bill, it was great to meet you and Sharon on the project. As you’ve seen I made you the cover hero of the video haha 🙂 It would be so lovely to meet you guys again. Maybe at another All hands project. Keep me updated when you participate in the next one. And if you want to travel to Germany. Let me know. I would be very happy to have you as guests and to show you around.

Leave a Comment

Your email address will not be published. Required fields are marked *