Bevor ich Kolumbien schweren Herzens verlassen muss, wollte ich unbedingt noch ins Amazonas Gebiet reisen. Bei meiner Suche nach Übernachtungsmöglichkeiten stieß ich auf ein Hausboot mitten im Amazonas. Da war es dann auch schon um mich geschehen. – Einmal auf dem Amazonas übernachten – ein klassisches „Once in a lifetime“ Ding.

Der Flug ging nach Leticia, die südlichste Stadt Kolumbiens. Natürlich war es wieder eine kleine Maschine und mal wieder hab ich mein Gepäck umgepackt und zwischengelagert, um nur mit 10kg zu fliegen. Schon beim Anflug auf Leticia war ich beeindruckt von dem scheinbar endlosen Amazonas Regenwald. Mit dem Taxi fuhr ich zur Bootsanlegestelle und dort wartete dann auch schon mein AirBnB Vemieter auf mich. Es war total spannend, das wilde Treiben und Be- und Entladen der ganzen Boote zu beobachten. Für mich ging es also zum sogenannten Casa flotante, also zum Hausboot. Wie aufregend, mit dem Boot zur Unterkunft zu fahren. Ein cooles Gefühl. Hier das Video und ein paar Eindrücke von meiner Anfahrt 🙂

 

Der AirBnB Host, dessen Namen ich mir auch nach 4 Tagen nicht merken konnte, organisierte ein paar Touren für mich und fuhr dann zu seinem anderen Hotel. Ich blieb mit Sonja, der Haushälterin auf dem Hausboot und für den ersten Tag sollte ich der einzige Gast bleiben. Sonja kommt aus einem der umliegenden Dörfer, war suuuper nett und hat mir einiges über das Leben und die Geschichte der Dörfer um den Amazonas erzählt. An meinem ersten Tag am Amazonas konnte ich dann nicht mehr großartig was unternehmen und da es kein Internet und bis auch 6-9pm auch keinen Strom gab, habe ich zum ersten Mal auf meiner Reise einen ganzen Nachmittag lang nur in meiner Hängematte gelegen und gelesen. Dabei hatte ich dann noch etwas Abwechslung, als z.B. Frauen am gegenüberliegenden Ufer zum Wäschewaschen an den Amazonas kamen. Ein Wunder, dass die weiße Wäsche bei dem braunen Wasser überhaupt sauber wird. Dann kam noch eine Gruppe Kinder, die von einem Baumstamm immer reihum ins Wasser gesprungen sind und immer wieder sind Boote mit Schulkindern oder Familien vorbeigekommen. Somit hatte ich also beste Unterhaltung, um meinen Tag rumzubringen.

Sonja kochte mir leckeres Essen und während ich beim Mittagessen war, sprangen im Wasser vor dem Haus die rosanen Delfine herum. Ich dachte ja das sei normal und habe ihnen nicht so viel Aufmerksamkeit geschenkt, weil ich mir dachte, die sehe ich später noch. Für die nächsten 3 Tage waren die Delfine tagsüber (zumindest in der Zeit in der ich da war) dann jedoch nicht mehr gesehen… Ups. Dafür hörte ich sie immer in der Nacht aus dem Wasser springen und atmen. Überhaupt war nachts Halligalli angesagt, man hörte die Affen und Gott weiß was noch für Tiere aus dem Urwald schreien.

 

Bootstour am Amazonas

Am nächsten Tag hatte ich dann eine Ganztages-Boottour gebucht. Die Reisegruppe, zu der ich dazustieß waren Frührentner von der Seguro Social. – Davon hatte ich Euch in meinem Blogbeitrag rund um Cali berichtet: die staatliche Krankenversicherung, die aufgrund fehlender Finanzmittel eingestellt wurde. Die komplette Gruppe hat mich so herzlich aufgenommen, war ganz von den Socken, dass ich aus Deutschland kam und so lange am Reisen bin. Sie haben Fotos mit mir gemacht und immer gerufen „Estefanie, mira! Has visto eso?“ (Stefanie, schau, hast Du das gesehen?)

Isla de los Micos

Die Tour an sich war OK, aber für meinen Geschmack eine Runde zu touristisch bzw. aufgesetzt. Ein Stopp war bei einer Insel mit lauter Affen. – Dort leben ca. 800 Affen! Soweit so gut, aber seit Indien hab ich ja eine Affenphobie… Damals wurden Julia und ich von einem riesigen Affen attackiert. Die Affen auf der Insel waren aber super klein und überaus freundlich. Während manch anderer Bananen in die Hand nahm und dann mit 20 Affen auf Kopf, Armen und Schulter dastand, war das höchst der Gefühle für mich zwei Affen:

Puerto Nariño

Der nächste Stopp war so gar nicht meins: Ein Dorf, das einen traditionellen Tanz aufführt. Sowas versuche ich wenn möglich zu umgehen, weil es halt einfach nichts aber auch gar nichts mit einer normalen Begegnung und der normalen Realität der Menschen zu tun hat. Die Reisegruppe aus Popayan war jedoch ganz begeistert und hat munter mitgetanzt. Danach ging es in das Ökodorf Puerto Nariño. Dort gibt es nur ein einziges Auto und das ist die Müllabfuhr. Es war ein echt schöner und interessanter Ausflug dorthin. Hier ein paar Eindrücke:

 

Dort habe ich dann auch Norberto aus Medellín kennengelernt, der auch alleine am Reisen war. Wir haben beschlossen, am nächsten Tag eine Amazonas Regenwaldtour gemeinsam zu machen.

Mit einem Stopp im Fluss, um Delfine zu sehen endete dann die Tour und die Damen meiner Rentner-Reisegruppe bestanden darauf, dass wir Nummern austauschen und dass ich das nächste Mal, wenn ich in Kolumbien bin, nach Popayan kommen muss und sie besuche. Beim Verabschieden wurde ich dann noch mit Segenswünschen und Gebeten bedacht 🙂 Und wieder zeigte mir das, wie herzlich und freundlich die Kolumbianer sind.

 

Amazonas Regenwald Tour

Am nächsten Tag trafen Norberto und ich uns in Leticia, um die Dschungeltour zu machen. Erst ging’s mit dem Tuktuk zum Kilometer 11. Ihr müsst Euch das so vorstellen, dass von der Stadt aus genau eine Straße in den Amazonas Regenwald geht und die hört dann irgendwann einfach auf. Unsere Regenwaldtour startete halt beim 11. km dieser Straße. Wir trafen also unseren Medizinmann, der uns erstmal in eine Art Gemeindehaus einlud und uns die Koka und Tabakplantage um das Haus herum erklärte. Diese gehörten nämlich zu einem Ritual und werden gemeinsam konsumiert. Die Tabakblätter werden für mehrere Stunden gekocht und dann durch ein Sieb gekippt, immer wieder aufgekocht und dann mit ein paar Pflanzen vermengt, damit es eine Paste gibt. Die Kokablätter werden geröstet und dann mit einem Mörser zu einem Pulver zerstoßen. Die beiden Pflanzen werden gemeinsam konsumiert, wobei der Tabak einen Redefluss und Visionen erzeugt und das Kokapulver körperliche und psychische Stärke erzeugen soll. Jetzt war es so, dass der Mann nicht die deutlichste Aussprache hatte, aber mit einem Esslöffel von Kokapulver im Mund, das beim Sprechen jeweils eine grüne Staubwolke vor seinem Mund bildete, wurde die Sache halt auch nicht besser… Nun erzählte uns der gute Mann über 2,5 Stunden (wahrscheinlich weil er so viel Tabak kaute) alte Sagen von dem Stamm. Grundsätzlich super spannend, blöd nur, wenn man ihn so schlecht versteht. Norberto war so lieb und erklärte mir im Nachgang, worum die Geschichten handelten.

Nach einem super leckeren Essen gegrillt in einem Palmblatt ging unsere Dschungeltour los. Ich hab mir von dem Guide die Machete ausgeliehen und schlug mir den Weg durch den Regenwald frei – das wollte ich schon immer mal machen :). Wir schwangen an Lianen durch die Gegend und benutzten ast-dicke Lianen als Schaukel oder Hängematte. Unser Guide erklärte uns viel über die Pflanzen, Bäume und Tiere. Wir balancierten über Baumstämme, um Flüsse zu überqueren und badeten zum Abschluss im Fluss mitten im Amazonas Regenwald umgeben von den riesigen Bäumen.

Papageien Spektakel in Leticia

Dann ging es auch schon auf den Abend zu und eine Sache wollte ich an dem Tag auf jeden Fall noch machen: In Leticia gibt es nämlich jeden Abend ein riesen Spektakel: Ab 17:30 Uhr kommen die Papageien aus dem Regenwald in die Stadt geflogen, um im Stadtpark auf den Bäumen zu schlafen, weil sie dort in Sicherheit vor den Wildtieren sind. Norberto hatte das bereits am Vortag gesehen und als Tipp bekommen, dass man auf den Kirchturm hochgehen kann, der genau gegenüber vom Park lag. Auf dem Weg zum Park sahen wir zwischen den Häusern die Sonne untergehen. Aber so einen Sonnenuntergang habe ich noch NIE gesehen. Die Sonne war ein riesiger knallroter Ball. (Leider sind auch die Fotos davon mit meiner SD Karte verloren gegangen.)

Nachdem die Sonne untergegangen war, nahm der Lärmpegel massiv zu. Wir liefen durch den Park (relativ zügig, damit uns die Papageien nicht auf den Kopf scheißen) und der Lärm war wirklich ohrenbetäubend und stiegen danach direkt auf den Kirchturm. Dort oben zu stehen und tausende und abertausende von Papageien aus allen Himmelsrichtungen auf den Park zuschießen zu sehen war ein unglaubliches Erlebnis. In der Luft schwirrten unzählige schwarze Punkte und es sah fast aus wie ein großer Bienenschwarm, aber es waren halt alles Papageien. Nach 45 Minuten wurde langsam leiser und als wir danach unten am Park vorbeigingen war es still und auf jedem Ast saßen aneinander gekuschelt ein Papagei neben dem anderen.

Auf einem Schmugglerboot

Danach wollte ich zurück zu meinem Hausboot. Mittlerweile war es ja schon stockdunkel. Norberto brachte mich zur Bootsanlegestelle und ich verhandelte mit einem Bootsführer den Preis, dass er mich zum Hausboot bringt. Als ich in das Boot stieg wurden nach mir 25 Kisten verladen. In den Kisten waren lauter kleine Babyküken. Insgesamt waren im Boot also 2.500 Babyküken, der Kapitän, vier Frauen und ich. Zunächst luden wir drei Frauen am anderen Ufer ab und danach dachte ich würden wir zu meinem Hausboot fahren. Weit gefehlt. Der Kapitän näherte sich einem riesigen Schiff, machte das Licht aus und schlich sich von hinten an das Boot ran. Dann flüsterte die Frau ein paar Leuten auf dem Schiff zu, ob die Luft schon rein sei. War sie aber noch nicht. Hier der Hintergrund, der mir dann erklärt wurde: Die Küken sollen mit dem Schiff nach Brasilien geschmuggelt werden, in eine Stadt, die weiter südlich am Amazonas liegt. Bevor das Schiff losfährt, kommt der Zoll und kontrolliert die Ware. Wenn der Zoll allerdings die Küken sieht, kann es sein, dass er sie konfisziert, also warten sämtliche Leute, bis der Zoll verschwunden ist und schleusen dann ihre Ware auf das Schiff. Da ist dann ein richtiger Andrang von kleinen Booten, die sich von hinten ranschleichen, um ihre Ware heimlich zu verladen. Naja und da der Zoll halt immer noch auf dem Schiff war, hat der Kapitän dann beschlossen, mich nach 30 min Wartezeit vorher heimzufahren und die Küken anschließend zu verladen. Auf dem Hausboot angekommen, machten sich alle schon Mords Sorgen, weil keiner wusste, wo ich solange geblieben bin. Die Kükenschmuggel-Geschichte trug dann sehr zur abendlichen Erheiterung bei.

 

Gefährlicher als Piranhas

Am nächsten Morgen wollte ich eigentlich im Amazonas baden. – Wie ich fand ein Must-Do, wenn man auf einem Hausboot wohnt – auch wenn die Strömung recht stark war – mein Plan war am Anfang des Hauses reinspringen, am Ende wieder rauskraxeln. Ich fragte also Sonja, wie es so aussieht mit Piranhas und Kaimanen. Sie meinte es gäbe sie schon, aber die machen eigentlich nichts. Was aber wirklich gefährlich wäre, sei der Candirú – und jetzt wird’s wild: Der Candirú ernährt sich vorwiegend von  toten oder sterbenden größeren Fischen oder Kadavern von Tieren, die im Wasser treiben und zwar indem sie in die Bauchdecke ein Loch fressen und die Tiere von innen auffressen. Dafür folgen sie dem Aas- und Blutgeruch. Sobald man also eine blutende Wunde oder seine Periode hat, wird man zum Ziel dieser Viecher. Die stehen nämlich im Verdacht, für die Überfälle auf badende Frauen, vor allem während der Menstruation, verantwortlich zu sein und sie können sich sogar zu Fressschwärmen zusammenfinden, einer frisst ein Loch in einen rein und die anderen gehen hinterher. Gut, ich hab dann beschlossen, lieber nicht baden zu gehen. War mir dann doch nicht so wichtig…

Besuch eines Amazonas Dorfes

Für den Rest des Tages beschloss ich einfach nur zur gegenüberliegenden Amazonasinsel überzusetzen und dort ein bisschen durch die Dörfer zu laufen. Hier bekam ich dann Gesellschaft von einer anderen Hausbootbewohnerin, die am Vortag angereist ist. Wir liefen also so durchs Dorf und kamen mit einem jungen Mann ins Gespräch. Er erzählte uns ein bisschen vom Dorf und zeigte uns sein Haus, das er am Bauen war und dann führte er uns zu einem ganz besonderen Baum. Der Baum wächst quasi im Kreis herum und seine Äste wachsen erst waagerecht und dann wieder in den Boden und werden dort zu Wurzeln. Verrückt. Jetzt muss man erklären, dass meine Begleiterin sehr spirituell unterwegs ist und spontan beschloss, mit uns eine Traumreise zu machen. So saßen wir also zu dritt unter dem Baum und haben meditiert. Ein unerwartetes aber wunderschönes Erlebnis.

Wir haben uns sofort alle super verstanden und der Mann hat uns eingeladen, am Abend vorbeizukommen, damit wir ein Lagerfeuer unter dem Baum machen können. Leider musste ich an dem Abend aber schon wieder zurückfliegen. Was ich unglaublich schade fand. Meine Begleiterin und ich zogen dann weiter, setzten uns noch ein bisschen ans Ufer und philosophierten übers Leben, bevor wir wieder ans Flussufer gegenüber vom Hausboot zurückgingen und rüber schrien, dass sie uns mit dem Boot abholen sollten.

Ich packte dann meine sieben Sachen und fuhr mit dem Boot zurück nach Leticia und genoss das letzte Mal den Anblick der vorbeifahrenden Boote und das Amazonastreiben.

 

Canopy – Ziplining zwischen den Baumkronen im Regenwald

Mit dem Tuktuk ging’s dann weiter zum Canopy. Das hab ich noch kurz vor meinem Rückflug eingeschoben. Ich wurde also mit Helm und Gurten versorgt und hievte mich selbst an einem Seil auf 35 Meter hoch. Von dort ziplinte ich dann von Baum zu Baum – und das Ganze im Strömenden Regen. Das war zuerst ziemlich Angsteinflößend, weil ich es mit Höhen nicht so habe, aber von Baum zu Baum wurde ich entspannter.

Patschnass aber glücklich trat ich dann die Rückreise an und fuhr erst mit dem Bus und lief dann das letzte Stück zum Flughafen.

Tschüss Amazonas. Schön war’s 🙂

 

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2 Comments

  1. Markus B.

    Hi Steffi,
    VIELEN LIEBEN DANK, gerade eben habe ich deine 100%ige Schokolade erhalten, die ich am Wochenende mit diversen Getränken (Kaffee, Wein, Cognac) genüßlich verkosten werde.
    Paß gut auf dich auf & viele liebe Grüße aus KA
    Markus

    • skober2018

      Lieber Markus, das freut mich, dass sie ihren Weg zu Dir gefunden hat. Ich kann mich noch gut daran erinnern, als wir vor Jahren mal unsere Schokoladendiskussion hatten und Du mir erzählt hast, dass Schokolade für Dich gar nicht genug Kakaoanteil haben kann, man die in Deutschland aber gar nicht bekommt. Ich hoffe sie schmeckt.
      Liebe Grüße
      Steffi

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